Den Autorinnen über die Schultern gekrümelt

Neujahrsempfang der Hamburger Autorenvereinigung. Dankenswerterweise darf ich als Gast im Kielwasser (ist es vor Ort eigentlich Alsterwasser?) einer Autorin in den Marmorsaal des Hamburger Schauspielhauses schwimmen. Zum meinem Glück sind wir die Letzten und ergattern Plätze am hintersten Rand, die illustre Bande ganz im Blick. Kleinere bis mittlere kulinarische Katastrophen türmen sich auf Tellerchen. Manch Tisch hat schon den zweiten Gang erlebt und zwischen ausgetrunkenen Weingläsern machen es sich Kaffeetassen und Streuselkrümel bequem. Man sieht sich, man kennt sich, man tauscht mit leicht geröteten Wangen kleine Höflichkeiten und noch kleinere Ketzereien aus. Man profiliert sich ein wenig unter Seines- und Ihresgleichen. Man ist bequem miteinander. Mir gefällts.

Der Saal ist eine architektonische und athmosphärische Scheußlichkeit. Da er prall gefüllt ist, fällt das jedoch nicht sonderlich ins Gewicht. Und dann betreten ja auch noch die Vorsitzende der Vereinigung und der Ehrengast das Podest, um uns zu begrüßen und im zweiten Fall bestens zu unterhalten. Der sich selbst als Krawallschachtel titulierende Tilman Krause darf es sein. Brilliant, eloquent, hinreißend selbstgefällig und mit einem ordentlichen Schlag Tuntigkeit erzählt er launig aus seiner Berufung ein Kritiker und Literaturredakteur zu sein. Mit Leichtigkeit beantwortet er im Nachgang Fragen jeglicher Couleur und spielt auch hier die Karten seiner Kompetenzen mit Bravour aus. Am Rand sitzend kann ich solche kleinen Selbstinszenierungen genießen.

Beim Verlassen des Hauses amüsieren mich dann noch die zu dem Gehörten und Gesehenen passenden Halterungen der Handläufe: Ein Sinnbild für die Balance zwischen Verriss und den nötigen Kratzfüßen, die es in dieser Branche zu machen gilt, wenn man seinen Platz nicht gefährden möchte.

Auf dem Bahnhofsvorplatz findet sich dann ein weiteres Geschenk für mich, über das ich arg lachen muss. Diese in einer Pfütze badenden Tauben, in der sich eine jede ein wenig aufplustern und die Nachbarn mit Dreck bespritzen darf und doch alle eng zusammenrücken, ist gerade nicht viel anders als das eben noch Erlebte.

Ist es nicht immer wieder erstaunlich, was wir Menschlein uns so auf unser Menschsein einbilden… und sind doch eigentlich noch gar nicht so weit gekommen?

*zufrieden gurrend ab*

2 Gedanken zu “Den Autorinnen über die Schultern gekrümelt

  1. „Beizeiten übt sich…“ und vielleicht paßt auch „Gute Leute brauchen länger…“ hierher, an diese Stelle – obwohl ich bei zweiterem nicht so ganz sicher bin: diesen Sager gab ein wichtiger Mann eines westlichen Geheimdienstes zum Besten; zumindest lt. Regisseur … 😉
    Tilman Krause muß ich gugln, aber zu den Tauben hab ich was auf Lager, aufgenommen, als es den ersten Schnee gab heuer in Wien:

    Die saßen da nämlich nicht rum, weil sie keine Unterstellplätze gehabt hätten, sondern (da es zu diesem Zeitpunkt auch mit ca 5 Bft blies) warteten, daß die, welche gerade ihre Platzrunden zogen (was die immer machen, wenn es reichlich Wind für die Tonnenförmigen hat), an der Dachkante vorbeikamen, um sich ihnen anzuschließen. Wie Kinder und Rennfahrermenschen.
    Eine spaßige Sache auch für meine Katzen … 😉

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